Jüdische Geschichte Freiburgs – ein kurzer Abriss

Dieser Text ist eine ergänzte Zusammenfassung aus:
Julia Wolrab: Die Geschichte der Alten Synagoge Freiburg aus eigentumsrechtlicher Perspektive, Stadt Freiburg 2019, abzurufen über:
https://www.freiburg.de/pb/1461811.html

 

Dass im Jahr 1870 in Freiburg eine Synagoge errichtet werden konnte, ist eine Tatsache, die über Jahrhunderte hinweg als kaum denkbar erschien. So waren
Jüdinnen und Juden zwar nachweislich schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Freiburg ansässig. Diese frühe Phase des interreligiösen
Zusammenlebens endete jedoch Mitte des 14. Jahrhunderts, wie in anderen Teilen Europas auch, als die jüdische Bevölkerung im Zuge der großen Pestepidemien für diese verantwortlich gemacht und als sogenannte Brunnenvergifter verfolgt und ermordet wurde. In der darauffolgenden Zeit und bis ins 19. Jahrhundert hinein, siedelten sich zwar vereinzelt und mit hohen persönlichen Einschränkungen verbunden wieder Jüdinnen und Juden in Freiburg an, von einer Anerkennung als gleichberechtigte Religionsgemeinschaft waren sie jedoch weit entfernt. Erst am 4. Oktober 1862 konnte schließlich das Gesetz zur Gleichstellung von Juden in Baden unterzeichnet werden, das wenige Tage später in Kraft trat.

 

Das neue Gesetz gewährte Jüdinnen und Juden eine bis dahin kaum gekannte Freizügigkeit und bewirkte, dass sich innerhalb weniger Jahre viele, die bislang in
den umliegenden Landgemeinden lebten, nach Freiburg zogen, um sich dauerhaft dort niederzulassen. Mit der steigenden Bevölkerungszahl der Freiburger Jüdinnen und Juden ging der Wunsch nach einer Religionsgemeinde einher, die sich um die seelsorgerischen und Fürsorge-Belange ihrer Mitglieder kümmern sollte. So gründeten Freiburger Juden unter dem Vorsitz von Heinrich Zivi-Lang Anfang 1864 die „Israelitische Religionsgemeinschaft Freiburg“. Die neue Gemeinde wuchs kontinuierlich und zählte schon im Jahr 1871, dem Jahr der Reichsgründung, 333 Mitglieder. Eine repräsentative Synagoge in Freiburg konnte nur sechs Jahre später eingeweiht werden.

 

Mit der „Machtergreifung“ am 30. Januar 1933 begann nicht nur die schrittweise Abkehr von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland. Es war vor allem die Lebenssituation der Jüdinnen und Juden sowie die derjenigen Menschen in Deutschland, die nicht dem rassistischen Ideal des „Arischen“ entsprachen, die sich
ab diesem Tag nahezu täglich verschlechterte. Die sukzessive gesellschaftliche Ausgrenzung von Jüdinnen und Juden, die später im millionenfachen Mord endete,
begann bereits wenige Monate nach der Ernennung Hitlers zum Reichkanzler – unter anderem mit gezielten Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäfte und
Einrichtungen. In Freiburg wurden im Rahmen des durch die propagandistische Presse verbreiteten Aufrufs um Boykott jüdische Geschäfts- und Kaufhäuser mit
antisemitischen Hetzparolen beschmiert, Kunden wie Besitzer eingeschüchtert und ihre Läden zu vorübergehenden Schließungen veranlasst. In der Nacht von 9. auf 10. November 1938 wurde die Freiburger Synagoge zerstört und wenig später komplett abgetragen.

 

Freiburg besaß im Jahr 1933 die viertgrößte jüdische Gemeinde Badens. Von den 1.138 Jüdinnen und Juden, die zu dieser Zeit in Freiburg lebten, kehrten die
wenigsten nach 1945 zurück. 657 Personen wanderten aus, mindestens 370 wurden am 22. Oktober 1940 in das Konzentrationslager nach Gurs deportiert. Weitere
Deportationen, u.a. nach Theresienstadt folgten bis 1945. Zuletzt wurden noch Jüdinnen und Juden aus sogenannten Mischehen oder „Mischlinge“ deportiert.
Das jüdische Leben nach 1945 entwickelte sich nur sehr langsam. Nachdem die ersten Jahrzehnte von den Bemühungen um Restitution und „Wiedergutmachung“
geprägt waren, wuchs das Gemeindeleben nach 1990 durch die Aufnahme von jüdischen Geflüchteten aus der ehemaligen Sowjetunion auch zahlenmäßig wieder
an. Heute (2024) gibt es in Freiburg drei jüdische Gemeinden, die ein aktives Gemeindeleben pflegen. Sie sind ein lebendiger Teil der Freiburger Zivilgesellschaft.
Darüber hinaus leben viele Menschen in Freiburg, die jüdisch, aber nicht an die Gemeinden angebunden sind. Die Vielfalt jüdischen Lebens in Freiburg sollte durch gemeinsame Projekte und Veranstaltungen künftig noch sichtbarer gemacht werden.